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Expeditions-Logbuch

10. März 2022

14.09.2021: Tasiilaq - Ísafjörður

Das schlechte Wetter, das uns von den Bewohnern des noch vor wenigen Jahren immer sonnigen Tasiilaqs als neue Normalität beschrieben wird, erschreckt uns nicht nur, sondern bestimmt auch unsere Routenplanung. Die "Dagmar Aaen" ist für schwere See gebaut und hat auch schon den einen oder anderen Sturm durchfahren, aber dennoch sind die Gefahren bei Starkwind mannigfaltiger und größer und ohne Not dort hineinzufahren wäre schlechte Seemannschaft.


Am 4.9. erlaubt das Wetter die Weiterfahrt in die geschützten Fjorde östlich von Tasiilaq. Die Durchquerung der Dänemarkstraße planen wir dann für Anfang der Woche, wenn sich auch dort die Dünung etwas gelegt hat, aber auch dafür wird unser Zeitfenster nicht groß sein. Hurrikan Larry, der mit einer Gewalt die Ostküste Amerikas hochrollt, wie man sie ohne die Auswirkungen der globalen Erwärmung niemals so früh im Jahr hätte erwarten dürfen, wird gegen Ende der Woche durch die Labrador-See nach Grönland und dann weiter in die Irminger-See ziehen. Auch wenn er dort keine Hurrikan-Stärke mehr haben wird, wollen wir bis dahin sicher in Ísafjörður liegen.


Die erste Nacht ankern wir im Ammassalik-Fjord in der Nähe der malerischen Siedlung Kuummiit. Am 5.9. dann steuern wir eine verlassene US Air Base in einem Verbindungsarm zum Sermiligaq-Fjord an. Der Stützpunkt wurde während des zweiten Weltkriegs von den Amerikanern genutzt und anschließend ob seiner geringen strategischen Bedeutung zurückgelassen. Da Amerika im Allgemeinen und sein Militär im Speziellen sich selten verdächtig machen, allzu viel Rücksicht auf die Umwelt zu legen, überließ man neben einem Hangar, einem guten Dutzend Fahrzeugen und weiterem schweren Gerät auch zahlreiche Fässer mit fossilen Brennstoffen dem Rost und ihren Inhalt dem Permafrost-Boden. Offizielle Schätzungen dänischer Behörden gingen von nicht weniger als 190.000 solcher Fässer aus, jedes mit einem Fassungsvermögen von 200 Litern.


Arved war bereits mehrere Male hier, hat vor Jahren sogar einmal Bodenproben entnommen, um sie in Deutschland auf Kontaminationen analysieren zu lassen, und sich persönlich für die Räumung der Fässer eingesetzt, die im Laufe der letzten zwei Jahre schließlich von dänischen Behörden durchgeführt wurde, während Amerika sich weiterhin seiner Verantwortung entzog. Nun wollen wir uns selbst davon überzeugen, wie sorgfältig aufgeräumt wurde, und sind begeistert. Bis auf einige wenige leere Fässer, die neben den rostigen Fahrzeugen eine kleine Touristenattraktion und wohl auch ein Mahnmal darstellen sollen, ist der Ort nun sauber. Nach all den alarmierenden Anzeichen für den Klimawandel, die wir in den letzten Monaten bezeugen mussten, ist es schön, etwas Erfreuliches zu sehen.


Am 6.9. besichtigen wir den Karale-Gletscher im Sermiligaq-Fjord. Ohne professionelle Vermessungstechnik können wir hier keine Veränderungen untersuchen, und so sind wir heute mal einfache Touristen, haben keine weitere Mission als die mächtige Abbruchkante, wo der Gletscher in den Fjord kalbt, zu bestaunen und Fotos zu schießen.


Nach einer weiteren Nacht vor Anker beginnen wir früh morgens am 7.9. die Überfahrt nach Island. Mit Wehmut blicken wir auf Grönland zurück, das uns sieben Wochen lang mit seinen schroffen Eiswelten fasziniert hat, und auch die größte Insel des Planeten scheint uns nicht loslassen zu wollen. Es ist ein klarer Tag frei von Dies und Dunst, und so bleiben die über 2000 Meter hohen Berge über dem Horizont, bis wir knappe siebzig Seemeilen entfernt sind. Mit Ausnahme nostalgischer Gefühle verläuft die Reise ruhig. Unsere letzte von Meteo France gesponsorte Treibboje setzen wir noch aus, damit sie die nächsten drei Jahre lang fleißig Daten sammeln und senden kann. Fantastische, himmelfüllende Polarlichter erhellen die Neumondnächte, während Wind und Strömung uns gewogen sind. Bereits am Nachmittag des 9.9. laufen wir in Ísafjörður ein.


Kris


 

Expeditions-Logbuch

(19.09.2021: Ísafjörður)
(12.09.2021: Tasiilaq)