Expeditions-Logbuch
11. September 2024
Die Farbe des Ozeans
Die Eigenfarbe natürlicher Gewässer wird durch Absorption und Streuung des Lichts sowie durch die Konzentrationen gelöster und suspendierter Wasserinhaltsstoffe bestimmt. Hauptsächlich wird die Färbung von farbigen gelösten organischen Stoffen (colored dissolved organic matter, CDOM), suspendierten Sedimentpartikeln (total suspended material, TSM) und dem in Algen enthaltenen Farbstoff Chlorophyll bestimmt. Oft sind mehrere Stoffe gleichzeitig im Wasser enthalten, welche sich zu einem resultierenden Gesamt-Farbeindruck des Gewässers überlagern.
Umgekehrt lässt die Färbung des Gewässers Rückschlüsse auf seine Inhaltsstoffe und die Wasserqualität zu. Die Bestimmung der Farbe von Gewässern wird seit über 130 Jahren angewandt und geht auf die Wissenschaftler François-Alphonse Forel und Wilhelm Ule zurück. Die von ihnen entwickelte Forel-Ule-Skala ist ein historischer Standard, der inzwischen mit modernen Spektrometern kalibriert wurde. Die Skala beinhaltet 21 unterschiedliche Farbtöne, vom Blau eines klaren Ozeans bis zum Grün und Braun algen- bzw. huminstoffreicher Gewässer. Der Farbvergleich stellt eine einfach zu handhabende Methode dar und eignet sich darum gerade auch für die „Dagmar Aaen“ auf der kein Platz für umfangreiche Analytik ist.
Die Ergebnisse der Farbmessungen aus einem Vergleich mit der Fabskala oder mittels Smartphone-App können digital in eine globale Karte von EyeOnWater eingetragen werden, in der bislang Einzelmessungen abrufbar sind. Dort finden sich auch zahlreiche Farbwerte, die von Bord der Dagmar Aaen aus während vergangener Ocean Change Expeditionen gemacht wurden.
Auf der Ocean Change Expedition 2024 wurde für diese Beobachtungen erstmalig ein Ansatz zur automatisierten Aufnahme von Farbwerten gemacht. Hierzu wurde an der Nock des Klüverbaums eine Kamera angebracht, die in 15-minütigen Intervallen Bilder von der Wasseroberfläche aufnimmt.
Über einen Datentransfer via Starlink werden die Bilder für die weitere Prozessierung an das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel gesendet. Dort ermittelt eine automatisierte Routine die zugehörigen Aufnahmepositionen und einen Farbmittelwert für jedes Foto und stellt diese Informationen für die BELUGA-Webseite (https://beluga.geomar.de/ocean-change-2024)https://beluga.geomar.de/ocean-change-2024) und das EyeOnWater-Projekt bereit. Zusätzlich zur Visualisierung der Fotos auf der BELUGA-Seite als farbige Marker auf dem Schiffskurs der Dagmar Aaen werden alle Bilder einmal pro Tag automatisch in das EyeOnWater-System übernommen. Beim Import wird der Farbwert jedes Fotos mithilfe eines speziellen Algorithmus (WACODI) gemäß der Forel-Ule-Skala berechnet und im System hinterlegt. In der offiziellen Karte des EyeOnWater-Projekts (https://www.eyeonwater.org/observations/map/color) können die von der Dagmar Aaen übertragenen Fotos dann mit den zugehörigen Forel-Ule-Farbwerten eingesehen werden.
Da für eine korrekte Aufnahme der Farbwerte die Umgebungsbedingen (wie z.B. der Bewölkungsgrad) als sog. „Metadaten“ wichtig sind, soll der Prozess noch dahingehend weiterentwickelt werden, diese Bedingungen z.B. aus den Logbucheinträgen der Dagmar Aaen (alle zwei Stunden), aus der im Mast angebrachten Webcam oder Satellitendaten zu extrahieren. Auch wenn der Prozess noch verbessert werden soll, lässt sich bereits heute konstatieren, dass die automatisierte Aufnahme der Farbwerte von der Wasseroberfläche einen wichtigen Schritt darstellt, hin zu einer effizienten und flächendeckenderen Beobachtung. Diese erstmals automatisiert gewonnenen Daten in hoher Dichte und abseits belebter Küstenstreifen sind ein wichtiger Beitrag für die Umweltbeobachtung und technisches Vorbild für weitere Installationen auf Schiffen.
Das Vorhaben ist eine Kooperation zwischen der Ocean Change Expedition von Arved Fuchs, der Leibniz-Institut für Ostseeforschung (Meeresoptik), der Firma SubCtech (Kameratechnik), dem Geomar (BELUGA-Plattform und Infrastruktur) der niederländischen Firma Maris (EyeOnWater Website) und der GMT – Gesellschaft für Maritime Technik e.V. (Idee und Anregung) und ein Beispiel für die Möglichkeiten die sich in der engen Zusammenarbeit von Forschung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bieten.