Expeditions-Logbuch
10. August 2023
Dagmar Aaen im Dienst der marinen Geochemie – ein komplexes Thema
Bei der Durchführung der Ocean Change Expedition sind neben nautischen und schiffshandwerklichen auch wissenschaftliche Kenntnisse nötig.
In diesem Beitrag müssen wir etwas tiefer in die Welt der marinen Geochemie eintauchen, um die Aspekte unserer diesjährigen Messungen zu beschreiben.
Die Ozeane nehmen nicht nur einen Großteil der im Zuge des Klimawandels zunehmenden Wärme, sondern auch des in die Atmosphäre freigesetzten Kohlendioxids auf. Auch wenn sie hierdurch den Klimawandel an Land noch abbremsen, tragen sie langfristig die Hauptlast seiner Veränderungen.
Die „böse kleine Schwester“ der Klimaerwärmung ist die Ozeanversauerung: CO2 löst sich im Meerwasser zu Kohlensäure, welche den pH-Wert reduziert. Diese Versauerung beeinträchtigt v.a. das Leben von Muscheln, Korallen etc. negativ.
Der Ozean kann durch gelöste alkalische Substanzen wie Karbonate, Bikarbonate oder Hydroxide noch eine gewisse Pufferkapazität entgegensetzen, die das Absinken des pH-Wertes verlangsamt. Das Maß für diese Pufferkapazität ist die „Alkalinität“, der Gesamtgehalt an alkalischen Pufferstoffen im Meerwasser.
Wie funktioniert diese Pufferwirkung? Wie wirkt sich die natürliche Vermischung von verschiedenen Wassermassen aus, z.B. beim Einströmen von Wasser aus dem Atlantik in die Nordsee? Könnte man durch das Einbringen geeigneter Substanzen die Alkalinität und damit die Widerstandsfähigkeit des Meeres gegen seine Versauerung stärken?
Diese und weitere Fragen werden von der Deutsche Allianz Meeresforschung e. V. im Rahmen Ihrer Mission „Marine Kohlenstoffspeicher“ im Forschungsverbund „RETAKE“ erforscht.
Bevor man die Alkalinität ökologisch verträglich durch eine Zugabe von Puffermineralien erweitert, soll die Schwankungsbreite der Alkalinität in natürlichen Systemen bestimmt werden. Dies geschieht u.a. durch die Untersuchung des Zustroms von Wasser aus dem Atlantik in die Nordsee. Damit wird eine gute Grundlage für die Entwicklung von Bilanzierungs- und Überwachungsmethoden geschaffen. Ein wichtiges Element ist hierbei die Charakterisierung von Wasserkörpern der Schelfmeere, um ihre Vermischungspfade und die Auswirkungen bezüglich der Alkalinität nachverfolgen zu können.
Dafür wurden / werden auf der Dagmar Aaen in der Nordsee und vor der schottischen Atlantikküste Wasserproben entnommen, die später im Labor am Helmholtz-Zentrum Hereon auf ihre Alkalinität und weitere chemische Inhaltsstoffe untersucht werden.
Die Kombination der Alkalinität mit gelösten Spurenelementen (z.B. Metall-Ionen und natürlich vorkommenden Radionukliden) stellt eine Art Fingerabdruck für eine Wassermasse dar, der für die Nachverfolgung der Vermischungsprozesse verwendet werden kann. Um das Prozessverständnis zu vervollständigen, werden zur Verwitterung von alkalinitätserhöhenden Mineralien zudem Experimente in Mesokosmen (große Wassertanks) durchgeführt.
Für die Probennahme auf der Dagmar Aaen verwenden wir einen Wasserschöpfer, welcher nach dem Aufstoppen des Schiffes an einer Leine ins Wasser gelassen wird. An beiden Enden des rohrförmigen Schöpfers sind Klappen angebracht, welche vor dem Einsatz geöffnet werden. Über ein Metallgewicht, welches an der Leine runterrauscht und auf einen mechanischen Auslöser am Wasserschöpfer trifft, werden die Klappen geschlossen. Wenn der Schöpfer zurück an Bord ist, wird eine Wasserprobe für spätere Laboranalysen in eine Flasche abgefüllt. Sehr wichtig ist es, sofort Zeit und Position des Schiffs zum Zeitpunkt der Probennahme zu notieren und der jeweiligen Probe zuzuordnen: Eine Probe, deren genaue Herkunft später nicht rekonstruiert werden kann, ist ganz und gar wertlos.
Diese Analysedaten werden durch die ozeanografischen Messdaten ergänzt. Welche von der der Dagmar Aaen aus an der Wasseroberfläche (mittels OceanPack) und in der Wassersäule (CTD-Sonde) gemessen wurden.
In einem der nächsten Beiträge gehen wir dann noch auf weitere Aspekte unserer Ozeanbeobachtungen ein.
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