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Expeditions-Logbuch

28.09.2018: Nach Island - Teil 1


Auf See


Die Irmingersee und die Dänemarkstraße stellen zu jeder Jahreszeit eine seemännische Herausforderung dar. Im Herbst nimmt das Sturmrisiko allerdings noch erheblich zu. Es ist die Zeit der sogenannten Äquinoktien – das ist die Zeit der Tag- und Nachgleiche.  Für den Seefahrer bedeuten sie , dass es dann  sehr  stürmisch zugehen kann. Dieses Jahr bildet da leider keine Ausnahme. Deshalb auch die längere Sendepause – wir hatten einfach alle Hände voll zu tun.


Zuvor  waren wir von Manitsoq an der Westküste Grönlands  über den kleinen Ort Nanortalik  bis  zum Prinz Christian Sund  gefahren. Der Sund , den wir ja bereits Ende Juli passiert hatten, wirkt im herbstlichen Licht noch spektakulärer als bei der Hinreise. Die Berge sind bis in die Täler mit einer dünnen Neuschneeauflage bedeckt. Die niedrig stehende Sonne zaubert weiche Pastelltöne in die Landschaft und nachts breitet sich grandioses Nordlicht über uns aus. Ein großartiges Natrurerlebnis.


Etwa auf der Hälfte der Passage durch den Sund liegt die kleine Siedlung Augpaliagtoq. Das Dorf ist wunderschön gelegen. Es gibt eine sehr geschützte  Bucht und eine kleine Pier, an der wir festmachen können. Freundlich werden wir begrüßt. Die Dorfbewohner leben hauptsächlich vom Fischfang , das scheint sich auch zu lohnen, jedenfalls wird reichlich Dorsch angelandet. Allerdings fällt uns beim Rundgang durch das Dorf auf, dass viele Häuser leer stehen und verfallen. Für junge Familien wird es zunehmend schwieriger und wohl auch unattraktiver, in diesen kleinen, dörflichen Gemeinden zu leben. Sie ziehen in größere Orte um und hinterlassen eine Lücke, die nicht mehr zu schließen ist.


Am nächsten Morgen fahren wir die restlichen vierzig Seemeilen durch den Sund.  Draußen erwartet uns ein hoher Schwell und vereinzelte Eisberge. Die Nächte sind lang und kalt geworden, und das auf dem Wasser treibende Eis ist nur schwer auszumachen. Von jetzt an fängt die Zeit des Taktierens an. Täglich bekommen wir die aktuellen Wetterdaten für unser Fahrtgebiet vom  Deutschen Wetterdienst gemailt. Es sind etwa 760 Meilen vom Sund  bis nach Island. Und dafür brauchen wir ein Wetterfenster, das es uns erlaubt, zügig die Irmingersee und die Dänemarkstraße zu überqueren. Zunächst halten wir uns küstenparallel, um weiter nach Norden zu gelangen. Die Option bis nach Tassilak zu segeln und dort auf günstiges Wetter zu warten, verwerfen wir nach sorgfältigem Abwägen. Aufgrund der Wetterlage würden wir dort vermutlich lange festsitzen und wären trotzdem den Stürmen ausgesetzt.  Aber auch die direkte Passage wird nicht ohne stürmisches Wetter auskommen.


Das ist  in diesen Breiten um diese Jahreszeit auch eher der Regelfall als die Ausnahme und zeigt das Dilemma, in dem wir stecken.  Die Sturmtiefs ziehen in schneller Folge, daher wäre es kaum zu erwarten ungeschoren von Tassilak nach Island zu kommen. So oder so – einen Sturm werden wir sicher abbekommen. Also entscheiden wir uns für das geringere Übel und nehmen direkten Kurs auf Island, wohl wissend, dass es eine rauhe Passage werden wird.  Und so kommt es dann auch. Sechs Meter hohe Seen, Wind bis 10 Beaufort, Regen und fliegende Gischt. Aber wir kommen trotzdem gut voran. Wir  haben Sturmfock und Trysegel gesetzt und laufen vor Wind und Seen ab. Das Schiff steckt das wie üblich einfach weg. Erst als die isländische Küste in Sicht ist, lässt der Wind nach. Am 25. September erreichen wir den Hafen von Isafjordur im Nordwesten Islands.  Hätten wir die andere Option gewählt, wären wir  immer noch in Tassilak eingeweht und müssten vermutlich noch tagelang dort vor Anker  auf Wetterbesserung warten. Die Entscheidung direkt zu fahren war also richtig.
Fortsetzung folgt...


Expeditions-Logbuch

(29.08.2018: Erneuter Reparaturstopp)
(29.09.2018: Nach Island - Teil 2)